Der 1944 in Aimorés geborene Salgado studierte Wirtschaftswissenschaften in São Paulo und emigrierte mit seiner Frau Lélia wegen seines Engagements gegen die Militärdiktatur 1969 nach Paris. Auf Dienstreisen als Angestellter der Internationalen Kaffeeorganisation ICO fotografierte er mit der Leica seiner Frau und entschied sich 1973, als Fotograf zu arbeiten, zunächst für die Agenturen Sygma und Gamma, ab 1979 für Magnum. 1994 gründete er mit seiner Frau Lélia Wanick-Salgado eine eigenen Agentur. Mit beeindruckenden Schwarzweiß-Fotografien hielt er insbesondere das Leben und die Lebensbedingungen der Menschen am unteren Ende der Gesellschaft fest sowie zerstörte Landschaften, auch in vielen bei Taschen erschienenen Fotobänden, u.a. "Gold" (2019), "Exodus" (2016), "Kuwait – eine Wüste in Flammen" (2016), "Genesis" (2013) und "Africa" (2007). Mit den Bildern über die katastrophalen Zustände ("Die Bilder sind harmlos im Vergleich zur Realität") forderte er Reaktionen ein: "Jeder muss betroffen sein und die Möglichkeit bekommen, etwas zu ändern oder nicht."
Über die Bücher hielt Martin Schult zu Salgados 80. Geburtstag vor einem Jahr fest: "Im Buch »Gold« sind Fotografien versammelt, die Sebastião Salgado in den 1980er Jahren in der größten Freiluftmine der Welt in der Serra Pelada nördlich von Rio de Janeiro aufnimmt. 50.000 Menschen graben und hacken hier nach Gold. Die Bilder zeigen sowohl die Arbeiter, wie sie zu Tausenden ameisengleich aus der Mine herausklettern, als auch Einzelaufnahmen von ihnen. Lachen, Trauer, Gewalt, die Last der Arbeit und die Hoffnung, reich werden zu können, spiegeln sich in den Gesichtern wider. Die Schwarzweiß-Aufnahmen betten die verdreckten Arbeiter ein in die dort herrschende Realität voll Schlamm und Geröll, das Fehlen jeglicher Farbe lässt sie – schwarz, weiß und grau – mit der Erde verschmelzen.
»Africa« ist eine Sammlung von Fotografien aus den zahlreichen Reisen, die Salgado auf dem Kontinent unternommen hat. Er war in Ruanda kurz nach dem Völkermord der Hutu an den Tutsi und hielt die Massengräber, die Not und das Elend auf seinen Bildern fest (die vor allem in dem Bildband »Exodus« anzuschauen sind), und er war in Mali und anderen Gegenden, um die dort herrschenden Hungersnöte zu dokumentieren. Diese ergreifenden und schockierenden Zeugnisse menschlichen Leids werden kombiniert mit zahlreichen weiteren Abbildungen aus dem afrikanischen Alltag und von den Landschaften dieses Kontinents.
»Genesis« kommt nur mit wenigen Abbildungen von Menschen aus; es zeigt vor allem die Großartigkeit der Natur. Ob Eisformationen, unberührter Urwald, eine Walflosse, Tausende von Möwen an einem Strand – die Erde, wie Salgado sie uns hier zeigt, ist angesichts der Faszination über ihre Vielseitigkeit nicht mit Worten zu beschreiben. Der Fotoband ist unsagbar schön und wirkt zugleich wie eine Anklage aus Sorge vor dem, was wir Menschen in unserem Drang, die Erde für unsere Zwecke zu nutzen, zerstören könnten.
Jedes einzelne Bild in diesen und den anderen Fotobänden erzählt nicht nur eine, sondern viele Geschichten. Sie geben jedem die Möglichkeit, das, was zu sehen ist, in den Kontext der eigenen Erfahrungen, der eigenen Ästhetik zu stellen. Man kann sich in den Bildern verlieren, man kann sich von ihnen distanzieren, nur unberührt lassen sie einen nicht."
Salgado protestierte auch gegen die unkontrollierte Abholzung des Regenwalds im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais, seiner Heimat, die er als eine von Erosion zerstörte Steppe erleben musste. Um diesen Prozess zu stoppen, gründete er die Umweltschutzorganisation Instituto Terra.
Mehr zur Person von Salgado finden Sie in Martin Schults Würdigung zum 80. Geburtstag von Sebastião Salgado.